Zeitgenössisches vs. klassisches Pilates

Zeitgenössisches oder klassisches Pilates - ist das hier die Frage?

Wie bei Shakespeare's "To Be or Not To Be" stößt man in Pilates Kreisen immer wieder auf die Frage: Bist Du klassisch oder bist Du zeitgenössisch ausgebildet? Nach meiner nun mittlerweile siebten Ausbildung und insbesondere durch meine letzte Mentorin Lolita San Miguel habe ich gelernt, sehr offen in und auf die Pilates Welt zu schauen. Ist es nicht so, dass wir jeder eine Schule besucht haben, in der sich die Pilates Methode mehr oder weniger dem Zeitgeist angepasst hat? Als Quintessenz bleibt doch: Sprechen wir nicht alle Pilates?

Die Pilates Sprache

Was jedoch bedeutet „Pilates sprechen“? Es ist eine Sprache, die den Körper vor Dir so adressiert, dass Du selbstredend immer das Kernstück, das so genannte Powerhouse, den Core, das Zentrum, den Kraftgürtel oder wie auch immer man es nennen mag, fokussierst. Womit gleichwohl gesagt ist, dass jede wirkliche gute Bewegung aus einer starken Mitte kommt. Respektiert werden sollte in einer guten Pilates Session, dass wir nach der Betonung unserer Mitte allmählich die Bewegungen in folgender Reihenfolge lenken: Zunächst Flexion, dann die laterale Bewegung, gefolgt von der Extension und schließlich der Rotation. Ebenso ist es wichtig, von der Nähe zum Körper hin zur Ferne - von proximal zu distal - zu arbeiten.

Selbstredend sollte jeder, der Pilates unterrichtet, mit den Übungen von Herrn Pilates vertraut sein und diese ausgiebig studiert haben. Insbesondere an sich selbst. Sehr hilfreich sind auch seine Archivaufzeichnungen, die man sich sporadisch einmal angeschaut haben sollte. All das sind Informationen, die einem als Werkzeug zur Hand gegeben werden, um als Pilates Lehrer*in, welche Ausrichtung / Ausbildung auch immer, den Körper vor Dir verantwortungsvoll zu trainieren.

Pilates für Mind, Body & Spirit

Im Endeffekt jedoch zählt nur eins: Ganz gleich, ob man lieber im Pazifik oder im Indischen Ozean schwimmt, es ist auf jeden Fall eines der Weltmeere. So könnte es sich auch analog in der Pilateswelt verhalten. Eine Welt, die uns verbindet, in der jeder die Möglichkeit hat, seiner Präferenz zu folgen, die für
seinen / ihren Körper gerade jetzt am besten passt. Dogmatismus ist generell etwas, was einengt und somit passt es schon mal gar nicht zum „two way stretch“, dem öffnen, sich ausdehnen, sich zu seinem besten Potential zu strecken. Es ist ein System, das nicht nur den Körper stark und fit hält, sondern holistisch angelegt ist. Pilates adressiert Mind, Body & Spirit. Zum Glück!

Als ich mich neulich mit Sonjé Mayo (1. Generation Lehrerin) unterhielt, sagte sie aus dem Brustton der Überzeugung, dass früher oder später auch Uncle Joe die Pilates Rolle für sich entdeckt hätte. Handtücher, Ringe, Bälle und so weiter waren sowieso schon am Start. Ein paar Ausbildungen später habe ich das wieder gehört, und zwar von keiner geringeren als Lolita San Miguel, ebenfalls 1. Generation Lehrerin. Lolita ist, neben Kathy Grant, von Joseph Hubertus Pilates zertifiziert. Für mich war das ein sehr denkwürdiger Moment, der mir gezeigt hat, dass es in dem Sinne kein Richtig oder Falsch gibt, außer: Vergessen, das Powerhouse zu „cuen“. Von Menschen für Menschen. Um das Wohlbefinden und somit die Gesundung mit den Mitteln zu fördern, die dem „Geist von Pilates“ dienen.

Pilates gleicht einem komponierten Meisterstück

Pilates trägt das große Potential uns zu verbinden, uns gemeinsam stark machen. Daher freue ich mich über jeden Impuls, der die Methode unterstreicht. Selbstredend gehe ich in meinem Unterricht darauf ein, welches Gerät einst von Joe entwickelt wurde und welche Weiterentwicklungen es gibt. So kann sich jeder sein eigenes Bild machen. Dies stimmt mit einem klassisch komponiertem Meisterstück überein, das individuell interpretiert werden kann. Sei es von einem Herrn Karajan oder einem Sir Simon Rattle oder eben einem engagierten Musiklehrer in der Grundschule. Sind wir als Pilates Enthusiasten doch genauso verbunden und interpretieren Josefs und Claras Meisterstück nach bestem Wissen und Gewissen. Unter Berücksichtigung, wie der Bogen, in unserem Falle der Arc, geführt und eingesetzt und das Instrument, also das Gerät, gehalten wird.

Well said, Mr.Pilates.

Und genau das sollte doch unser aller Ziel sein! So, oder so.

In diesem Sinne: Belly in ‚n‘ up, and onward we go! Thanks Joe!